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Eine Polizei demokratisiert sich selbst
Diskussionskommando Berlin
Dienstaufnahme
Es kann nicht mehr mit Sicher-
heit festgestellt werden, ob der
Tag des Informationstreffens oder
der Tag des ersten Dienst-
beginns der 24. April 1969 war.
Auf jeden Fall kann dieser Tag als
Gründungstag dieser Sonder-
einheit angesehen werden.
Es sollte ein bedeutungsvoller
und folgenschwerer Gründungs-
tag werden, wie die weitere Ent-
wicklung zeigte. Die Wirkung der
Gruppe 47 zeigte sich nicht nur
bei Einsätzen an der Universität
oder bei den gefürchteten De-
monstrationen, sondern auch im
Inneren der Polizei. Klaus Hübner
bezeichnet es als einen "zivilen
Bazillus", mit dem die Polizei in
Berlin unbeabsichtigt infiltriert
wurde. Erst als der wohltuende
neue Einsatz- und Führungsstil
spürbar wurde, wurden wir sogar
dazu ermuntert, als Multiplika-
toren innerhalb der übrigen
Polizei zu wirken.
Zur Amtszeit des PolPräs.Glietsch
wurde gern behauptet, das (sein)
Prinzip “Der ausgestreckten Hand”
die Konzeption des Diskussions-
kommandos wieder aufnehmen
würde. Ulrich Enzensberger, ehemals
Mitglied der Kommune I, brachte das
einmal auf den Punkt:
”Das Ausstrecken einer Hand ist eine
wortlose Geste, das Diskussions-
kommando aber sprach mit dem
Gegenüber, tat also genau das
Gegenteil”.
So ist es!
Eines kann ich jedoch versichern: dieser
Weg war sehr steinig und sehr lang und
nicht jeder wollte ihn bis zum Ende mit-
gehen. Er hat mich und vielen anderen
Kollegen die Karriere gekostet. Sie fand
einfach nicht mehr statt.
Die Gruppe 47, das Diskussionskom-
mando der Polizei Berlin, wurde zur Le-
gende. Leider aber hat diese Polizei, die
stolz darauf sein müßte, einst Vorreiter
in Europa gewesen zu sein, kein Gedächt-
nis. Es würde ihr auch Heute gut tun, die
eigene Identität über ihre Leistung und
Entwicklung zu definieren! Leider versank
die Führung aber im Eigenlob und orientier-
te sich zu sehr an den Wünschen der Politik.
Der Polizeipräsident in Berlin ist aber kein
politisches Amt.